Taschenspielerinnen

«Zeitlos, modern und echt», so würden die im Thurgau aufgewachsenen Schwestern Zuzka (44) und Katka (42) Griesbach ihre selbstdesignten Taschen beschreiben, die sie unter dem Label verkaufen, das ihren Namen trägt: «Griesbach Handbags and Accessories».
So einfach und prägnant wie ihre Namen zu merken sind, sind ihre Taschen jedoch nicht gestrickt. Obwohl die beiden häufig auf schlichte, elegante Designs setzen, überzeugt bei ihnen vor allem das, was sich hinter den Kulissen abspielt.
Ein zerschnittenes Sofa stand am Beginn
«Unsere Mutter ist Schneiderin. Mit Nähmaschinen und Schnittmustern sind wir gross geworden», sagt Katka Griesbach. Da verwundert es auch nicht, dass die Thurgauerinnen ihre ersten Erfahrungen mit Leder bereits sehr jung mit einem alten Sofa, das ihre Eltern entsorgen wollten, sammelten. «Wir haben es auseinandergenommen, zerschnitten, vernäht und so die Materie kennengelernt», erzählen die Schwestern.
Die Liebe zum Leder habe sich damals manifestiert. Ihre Taschen designen die Griesbachs heute hauptsächlich aus Leder in Naturtönen, wobei sich ab und zu dennoch ein knalliges Rot, Gelb oder Blau finden lässt.
Als «Effortless Design», also müheloses, leichtes Design, wurde der Stil ihrer Taschen bezeichnet. Ganz so einfach lässt sich das Konzept der Griesbach-Schwestern jedoch nicht zusammenfassen. «An erster Stelle stehen Nachhaltigkeit und Qualität», erklärt Zuzka Griesbach. Dass mit Nachhaltigkeit auch Regionalität einhergeht ist, für sie klar. «Unsere Taschen wurden von Anfang an im Tessin genäht, die Reissverschlüsse sind aus der Schweiz und Kordeln haben wir direkt aus Winterthur.» Einzig das Leder beziehen sie aus Deutschland und Italien, da in der Schweiz nicht genug hergestellt werde.
Das reine Gewissen ist eine Frage des Preises
Neben eigenen Taschen, Portemonnaies, Gürteln und Necessaires bieten die Thurgauerinnen ebenfalls zugekaufte Produkte an. Griesbach: «Uns ist es wichtig, dass diese Produkte in etwa dieselbe Philosophie verfolgen wie wir.»
Diese Philosophie kostet dementsprechend etwas mehr. Da sich laut den Schwestern in den letzten fünf Jahren die Haltung der Konsumenten zu Produkten stark verändert habe, hätten sie eine gute Zielgruppe gefunden. Zuzka: «Unsere Kunden achten mehr darauf ,woher Güter kommen und wie sie produziert werden. Für gute Qualität und ein reines Gewissen sind deshalb heute viel mehr Leute bereit, mehr zu zahlen.»
Von der Schule zur eigenen Marke
Seit fünfzehn Jahren gibt es ihr Label bereits und seit fünf Jahren ihren Laden in der Winterthurer Altstadt. «Wir sind froh, dass wir mit unserem eigenen Geschäft viel mehr den Kundenkontakt pflegen können», sagt Zuzka Griesbach. Der Weg bis hierhin sei aber lang gewesen.
Aufgewachsen sind die Schwestern in Frauenfeld und Aadorf. Nach der Sekundarschule besuchten sie die Handelsmittelschule (HMS) in Frauenfeld und arbeiteten dann auf dem KV, obwohl beide lieber einen gestalterischen Beruf erlernt hätten. «Wir haben auf diesem Weg aber auch Nützliches für unser Geschäft gelernt», meint Zuzka. Unter anderem verdanken sie ihren vorherigen Berufen in Lifestyle-Magazinen gute Kontakte in der Fashionszene.
«Schwierig war aber vor allem, dass es fast keine Weiterbildungsmöglichkeiten gibt, bei denen man lernt, mit Leder und Stoffen für Handtaschen umzugehen», stellt Katka heute fest. Sie absolvierte über Jahre ausgewählte Nähkurse, oft auf spezielle Nachfrage, weil zur Lederverarbeitung bei Handtaschen selten etwas angeboten wurde sowie ein Praktikum beim Handtaschendesigner Luciano Tarqua im aargauischen Staufen.
Alle Arbeit bleibt in der Schweiz
Das Hobby wurde nach vielen Jahren der Leidenschaft schliesslich endlich zu ihrem Beruf. «Abgesehen von den Taschen, die wir im Tessin nähen lassen, übernehmen wir von Vermarktung bis Ladenverkauf die ganze Arbeit selbst», erzählt Zuzka. Heute hätten sie einen mehr als nur 100%-Job mit der Griesbach Handbags and Accesories GmbH, dafür aber auch internationale Kunden.
Die Schwestern und gleichzeitig Geschäftspartnerinnen haben dabei kein Problem, Privates von Geschäftlichem zu trennen: «Wir haben wohl dieselben Schwierigkeiten wie andere Geschäftspartner, wenn es um wichtige Entscheidungen geht, die man gemeinsam fällen muss, sind privat aber immer noch die besten Freundinnen und möchten auch privat gar nicht ständig über unsere Taschen reden.»
Gelassen, organisiert, professionell und bodenständig – die Griesbach-Schwestern wissen, wie sie weiterhin erfolgreich sein können.
Text Aylin Erol
Diesen Artikel finden Sie auf St.Galler Tagblatt Online
29. Nov 2017